„A wie Aufklärung“ - Wen würde dieses Theaterstück interessieren?

Wir, der Deutsch-Leistungskurs von Herrn Hilger, haben uns am Abend des 06.10.2016  das Theaterstück „A wie Aufklärung“ vom Nö-Theater angeschaut. Das postmoderne Theaterstück thematisiert die Handlungen des Verfassungsschutzes, der, wie es scheint, die Aufklärung der NSU-Morde so sehr wie irgend möglich zu verhindern versuchte, auf eine sehr besondere Art und Weise. Wir als Schüler/innen eines Gymnasiums, in dessen Nähe 2004 ein rechtsradikales Nagelbombenattentat stattgefunden hat, das auch während der Aufführung aufgegriffen wurde, waren sofort in den Bann des Stücks gerissen.

 

Die fünf Schauspieler, unter anderem Talke Blaser, Felix Höfner und Asta Nechajute, schafften es dabei geschickt das Publikum durch dauernde Perspektivenwechsel zum eigenen Nachdenken zu bewegen.

 

Das spärliche von Mona Mucke erstellte Bühnenbild bestand aus einem im Hintergrund aufgemalten hängenden Netzwerk sowie den Buchstaben, die zusammen den Theatertitel „A WIE AUFKLÄRUNG“ ergaben.

Obwohl das Bühnenbild deshalb auf den ersten Blick nicht besonders überzeugen konnte, war es im Nachhinein sehr gut in die Gestaltung des Theaterstücks eingebunden. So wurden einzelne Buchstaben beispielsweise umgedreht oder neu gruppiert und bekamen dadurch eine komplett neue Bedeutung, beziehungsweise symbolisierten dadurch eine komplett andere Sache. Teilweise standen die Buchstaben auch für einzelne Aktivisten des NSU-Netzwerks oder gar Gruppen von Menschen.

 

Ein anderes Beispiel ist der Buchstabe „A“ der im Laufe der Aufführung umgedreht wurde und fortan für „V“ wie Verfassungsschutz stand. Das Theaterstück „V wie Verfassungsschutz“ ist ein Vorläufer dieses Stücks und wurde während des Abends immer wieder aufgegriffen. Sehr gut hat unseren Schülern die V-Männer-Anwerbung gefallen, die teilweise aus „V wie Verfassungsschutz“ übernommen wurde.

Die Kostüme waren passend zum Bühnenbild eher spärlich, aber sehr gut auf die Situation bezogen. Zum Beispiel durch die gleiche Kleidung der Andreas Temme-Darsteller/innen wurde uns direkt klar, dass hier die gleiche Person in der gleichen Szene aus unterschiedlichen Motiven heraus handelt.

 

Besonders gut hat mir die Vermittlung von Wissen an die Zuschauer gefallen, die durch viele selbstironische und witzige Dialoge mit dem Publikum nie langweilig wurde. Dadurch wurden einzelne Rollen auch satirisch und auch leicht überspitzt dargestellt. So feiern die Mitglieder des Verfassungsschutzes im Stück betrunken ihre Strafimmunität. Vielen gefiel auch die Stelle richtig gut, in der die Schauspieler anschaulich zeigen wie der Verfassungsschutz den NSU erst großgezogen und dann nicht „bekämpft“ hat.

 

Das wirklich interessante Stück, das bereits jetzt viele Teilaspekte von Behördenkritik (auch der Polizei gegenüber), enthält, übertrifft echt alle Erwartungen. So wird auch am Ende Medienkritik geübt sowie unser eigenes Verhalten kritisiert. Doch ist die Aufführung keineswegs in der Rolle des erhobenen Zeigefingers, sondern total lustig und gleichzeitig zum eigenen Denken anregend.

Das sehr stimmige Zusammenspiel der Schauspieler findet meiner Meinung nach seinen Höhepunkt bereits von Anfang an und bleibt konstant auf diesem Niveau. In dieser besagten Anfangsszene geht es um die möglichen Tathergänge bei einem Mord an Halit Yozgat in Kassel und insbesondere um die Rolle von inzwischen Ex-Verfassungsschützer Andreas Temme, der zur Tatzeit am Tatort gewesen war.

Dem Zuschauer werden die möglichen Tathergänge nicht nur präsentiert, sondern auch genauestens durchleuchtet und kritisiert. Besonders dabei ist, dass die Schauspieler gegen Ende keine endgültige Meinung festlegen, sondern es dem Zuschauer selbst überlassen ist, ob dieser Mann jetzt schuldig oder unschuldig war und wie seine Rolle zu bewerten ist. Interessant war auch der Effekt, mit dem sich unsere anfängliche Verwirrung während des 100 minütigen Theaterstücks allmählich legte.

 

Am Ende konnte sich das Publikum kaum noch halten und applaudierte gefühlte fünf Minuten. Nicht ohne Grund ist das Theaterstück zurzeit ein „Must See“ seiner Art und sicher vergleichbar mit seinem Vorgängerstück „V wie Verfassungsschutz“, das seinerzeit Gewinner etlicher Preise wie zum Beispiel des Kölner Theaterpreises 2012, des Jury-Preises der Heidelberger Theatertage 2013 und vieler weiterer Theaterpreise war.

Neun von Zehn Schüler/innen fanden das aktuelle Theaterstück sehr gelungen und die Idee nicht abwegig ein weiteres Mal dieses Stück zu besuchen. Wir empfehlen es auch politisch nicht oder noch nicht so Interessierten, weil das Theater auch ohne seine ganzen Informationen herrlich selbstironisch und lustig ist.

Schaut es euch doch mal an – vielleicht schon bald in unserm Veedel.

 

Artikel: Berkant S.

Foto: Thomas Hilger